Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim

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Oper - November 2019

Liebe Opernfreundinnen und Opernfreunde,

die Vorfreude steigt! Zwar hat die Saison 2019/20 vor einem guten Monat bereits mit Schmiss begonnen und uns schon einige echte Höhepunkte beschert, doch nichts ist im Theater so aufregend wie eine Premiere. Am 3. November ist es endlich so weit. Benjamin Brittens Meisteroper »Peter Grimes« führt uns in der Inszenierung von Mahagonny-Regisseur Markus Dietz und unter der Leitung von GMD Alexander Soddy  in eine Weltgegend, von der wir zurzeit häufig in den Zeitungen lesen.

Anhand eines Dorfes an der englischen Ostküste zeigt Britten mit allen Mitteln seiner Kunst und Menschenkenntnis, was geschieht, wenn sich ein Mob zusammenrottet und aufmacht, diejenigen aus der Gesellschaft auszustoßen, die nicht integrierbar scheinen. Im Fall der Oper ist das der Fischer Peter Grimes – eine in der Tat widersprüchliche Figur, die am Ende der Geschichte hinaus ins Wasser, ins Meer, in den Tod getrieben wird. Wie kein anderer Komponist steht Britten für eine typisch englische Musik- und Operntradition. Und doch wäre sie nicht denkbar ohne Europa, ohne das Blicken über den Tellerrand, ohne das Überwinden von Grenzen und Trennung. In diesem Sinne widmen wir der großen Insel im Nord-Westen nicht nur unsere Eröffnungspremiere, sondern auch mehrere Musiksalons von Kammermusik bis Liederabend. Apropos Musiksalon: Davon gibt es im November nämlich gleich mehrere. Am 8.11. wird im großen Haus Steve Reichs »Drumming«, Ikone der Minimal Music, live und in voller Länge zu erleben sein; am 16.11. wiederum im großen Haus feiert Enjoy Jazz gemeinsam mit der großen griechischen Komponistin Eleni Karaindrou zugleich den Festival-Abschluss und den 50. Geburtstag des Plattenlabels ECM. Außerdem begeben wir uns auf Musikreise durch den Orient und laden am 30.11. zum ersten Liederabend der Saison in die Montagehalle. Ein voller Monat also, der mit einem Paukenschlag beginnt: Auf die Premiere »Peter Grimes« folgt der Festliche Opernabend »Liebestrank« und dann steht auch noch Olivier Messiaens monumentale Turangalîla-Symphonie auf dem Programm des 2. Akademiekonzerts, wiederum unter der Leitung von GMD Alexander Soddy.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Premiere


So, 03.11.2019, 19.00-22.15 Uhr, Opernhaus
Peter Grimes
von Benjamin Britten
In englischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Musikalische Leitung: Alexander Soddy    
Regie: Markus Dietz    
Bühne: Ines Nadler
Kostüme: Henrike Bromber
Licht: Florian Arnholdt
Dramaturgie: Albrecht Puhlmann, Ruth-Maria Zapf
Chöre: Dani Juris    

Peter Grimes: Roy Cornelius Smith    
Ellen Orford: Astrid Kessler
Balstrode: Thomas Berau        
Bob Boles: Raphael Wittmer    
Swallow: Sung Ha    
Mrs. Sedley: Marie-Belle Sandis    
Rev. Horace Adams: Uwe Eikötter    
Dr. Crabbe: Albrecht Puhlmann    
Mit dem Opernchor und dem Extrachor

»Asozialer Fischer besorgt sich Jungs aus dem Armenhaus und treibt sie durch Sklavenarbeit in den Tod« – so oder ähnlich könnte der Boulevard »Peter Grimes« zur Schlagzeile zusammenfassen. Was Benjamin Britten aus dieser Geschichte aus einem armseligen Fischerdorf an der englischen Ostküste macht, ist weit mehr. In seiner ersten Oper aus dem Jahr 1945 gelingt es dem englischen Komponisten, eine ganze Welt zu erschaffen mit all ihren Gegensätzen und Widersprüchlichkeiten: das kleine Städtchen Borough, den Außenseiter Peter Grimes, der von seinem Aufstieg träumt, die Lehrerin Ellen, die bis zuletzt zu ihm hält, die Ignoranz und Bigotterie der Gesellschaft. Sein Protagonist ist brutal und verletzlich, schuldig und diskriminiert zugleich.

Dass Regisseur Markus Dietz ursprünglich Schauspieler war, ist eine gute Voraussetzung für die Gestaltung solch einer schwierigen Charakterstudie. Nachdem er am Nationaltheater bereits »Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny« bildgewaltig in Szene gesetzt hat, wendet er sich nun Brittens veristischer Oper zu, die er als moralische Herausforderung für den Zuschauer liest. Und zugleich als grandiose Schilderung einer überwältigenden Natur mit musikalischen Mitteln.

Festlicher Opernabend


Sa, 09.11.2019, 19.00 – 21.30 Uhr, Opernhaus
Der Liebestrank
Von Gaetano Donizetti
in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

mit Valentina Naforniţa als Adina und René Barbera als Nemorino

Musikalische Leitung: Mark Rohde    
Inszenierung: Andrea Schwalbach    
Kostüme: Anne Neuser
Licht: Alexander Alber
Dramaturgie: Ulrich Lenz

Adina: Valentina Naforniţa
Nemorino: René Barbera
Belcore: Nikola Diskić    
Dulcamara: Bartosz Urbanowicz
Gianetta: Martiniana Antonie

Der junge Bauer Nemorino ist bis über beide Ohren in Adina verliebt, doch ihm fehlt das Selbstvertrauen, die schöne Bäuerin zu umwerben. Woran es Nemorino mangelt, das besitzen die beiden anderen Männer des Stücks im Übermaß: Sowohl der Soldat Belcore als auch der Quacksalber Dulcamara strotzen vor Selbstsicherheit. Der eine glaubt sich unwiderstehlich bei Frauen, der andere macht - als Gegenbild zu Nemorino, der nichts aus seinen guten Anlagen zu machen weiß - aus einem nichts den Verkauf des Jahrhunderts. Und Dulcamara ist es auch, der mit seinem »Liebestrank der Isolde« eine Lösung für den schüchternen Nemorino zu haben scheint - auch wenn es kein Zaubertrank, sondern nur ein gewöhnlicher Bordeaux ist.

In der Inszenierung der Regisseurin Andrea Schwalbach verwandelt sich das ländliche Italien in eine Welt der starken Kontraste – und des herrlichen Gesangs. Ein echter Opernhit!

Gastspiel


Sa, 02.11.2019, 20.00 Uhr, Opernhaus
Alexis Sorbas

Es ist die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft in den Bergen Kretas: Auf der Grundlage des Romans von Nikos Kazantzakis hat der Regisseur Martin Mühleis ein modernes Melodrama geschaffen, das Miroslav Nemec, »Tatort«-Kommissar und zweifacher Grimme-Preisträger lustvoll und mit großer Leidenschaft zum Leben erweckt.
Mit: Miroslav Nemec und Orchístra Laskarina

Musiksalon


Fr, 08.11.2019, 20.00 Uhr, Opernhaus
MUSIKSALON // POP
Steve Reichs »Drumming«
in Kooperation mit Enjoy Jazz

Steve Reich gehört zu den absoluten Pionieren der Minimal Music. Wahrscheinlich schien es ihm und gleichgesinnten Künstlern Ende der 60er Jahre unmöglich, dass einige Jahrzehnte später Zigtausende zu Anhängern einer Kunstform werden würden, für die sie zunächst belächelt wurden. Heute ist man sich einig: Mit »Drumming« aus dem Jahr 1971 gelingt Reich ein Meisterstück. Fasziniert von den pulsierenden Rhythmen des Jazz schreibt er ein Stück für neun Schlagwerker und eine variable Sängerbesetzung, in dem sich treibende Rhythmen durch minimale Phasenverschiebungen hin zu einem psychoakustischen Klangrausch steigern.
Und während die Minimal Music heute meist durch elektronische Klangerzeuger entsteht, war Reich für seine Kompositionen auf das präzise Spiel versierter Instrumentalisten angewiesen. Genau das sind die Musiker des »Mannheimer Schlagwerk«. Gemeinsam mit Künstlern des NTM lassen sie ein Stück Musikgeschichte aufleben, das man nur selten in Gänze live erleben kann.

Mit: Mannheimer Schlagwerk, Instrumentalisten und Sänger des Nationaltheaters Mannheim


So, 10.11.2019, 11.00 Uhr, Oberes Foyer
MUSIKSALON // KLASSIK
Europäische Streichquartette
Britten, Bulak, Vaughan Williams

Ein europäisches Hybridstück ist das erste Streichquartett des Briten Ralph Vaughan Williams, das er 1909 unter dem Einfluss seiner Pariser Studienjahre komponierte. Er vereint darin die Musiksprachen der Impressionisten Ravel und Debussy, die viersätzige Struktur des klassischen Quartetts und Einflüsse englischer Volksmusik auf virtuose Weise.

Der junge Komponist Kaan Bulak, ein Wahl-Berliner mit türkischen Wurzeln, erforscht wiederum mit seinen Stücken die Schnittmengen zwischen europäischer und osmanischer Musiktradition, die er mit seinem 2019 uraufgeführten 1. Streichquartett in eine neuartige Klangwelt übersetzt.

Aber auch Benjamin Britten blickte mit seinem 3. Streichquartett über die Grenzen der englischen Kultur. Seine letzte Oper »Death in Venice« lieferte ihm die Anregung zu diesem Abschiedswerk, dessen Finalsatz er 1976 in Venedig komponierte. Mit ungewöhnlichen Kombinationen an Duetten innerhalb der Quartettbesetzung zeichnet er ein Porträt Venedigs mit der facettenreichen Tonsprache seines Spätstils.

Mit: Sabina Bunea (Geige), Alexander Jussow (Geige), Robin Porta (Bratsche), Hoang Nguyen (Cello)


Sa, 16.11.2019, 19.00 Uhr, Opernhaus
MUSIKSALON // JAZZ
Eleni Karaindrou: »Tous des Oiseaux«
Ein Live-Soundtrack
Abschlusskonzert des 21. Enjoy Jazz-Festivals und 50 Jahre ECM

Eleni Karaindrou ist eine der faszinierendsten Komponistinnen ihres Genres. Das aktuelle und damit zwölfte Studioalbum der 1939 in Griechenland geborenen Pianistin ist zugleich der Soundtrack zum Film »Bomb, A Love Story«, der auf dem Theaterstück »Tous des Oiseaux« von Wajdi Mouawad basiert. Die ungewöhnliche Liebesgeschichte um einen Juden, dessen Vater nicht akzeptieren kann, dass sein Sohn eine Araberin heiraten wird, übersetzt Karaindrou in eine Klangwelt verschiedenster Stile. Ihre Komposition vereint Streicher und Fagott mit traditionellen orientalischen Instrumenten wie der türkischen und kretischen Lyra, der Nay sowie der griechischen Kanunaki-Zither. Für das Enjoy Jazz-Festival setzt Karaindrou ihr eindrucksvolles Album in einer Live-Version mit einem großen Ensemble aus international bekannten Musikern um. Gemeinsam lassen sie eine Welt der düster-dramatischen Atmosphären und der leuchtenden Hoffnung entstehen. Ein gebührender Abschluss des 21. Enjoy Jazz-Festivals und gleichzeitig eine Feier zum 50. Geburtstag des Labels ECM.

Mit: Eleni Karaindrou (Klavier) und Ensemble


Do, 21.11.2019, 20.00 Uhr, Theatercafé
MUSIKSALON // WELT
Musikreise durch den Orient
Von Tunesien bis Afghanistan, vom 15. Jahrhundert bis heute

Gar nicht so einfach zu sagen, wo der sogenannte »Orient« anfängt und wo er wieder aufhört. Das Haz’art Trio um den tunesischen Oud-Virtuosen Fadhel Boubaker unternimmt darum den Versuch einer musikalischen Einordnung, der sich weniger an Ländergrenzen als an unterschiedlichen Traditionen orientiert. Die drei jungen Musiker nehmen uns mit auf eine charmant und kundig moderierte Reise, in der sie den unterschiedlichen Stilen und ihren Entwicklungen durch die Zeiten nachspüren. Von der Instrumentalmusik der Kalifate in Bagdad, Damaskus und Istanbul über die Entstehung der Vokalmusik und der Maqam-Skalen über die Zeiten des Kolonialismus bis heute lassen sie ein musikalisches Porträt des Orients entstehen. Ein Gesprächskonzert, das auch dem ungeübten Hörer neue Welten eröffnet.

Mit: Haz’art Trio


Sa, 30.11.2019, 20.00 Uhr, Montagehalle Werkhaus
MUSIKSALON // LIED
Britischer Liederabend
Christopher Diffey und Dominic Barberi singen Britten und Vaughan Williams

Im Umfeld der Premiere von Benjamin Brittens Meisteroper »Peter Grimes« wenden wir auch in der Reihe der Liederabende unseren Blick auf die Insel und ihre reiche Liedtradition. Denn Britten schrieb nicht nur fantastische Opern, sondern hinterließ auch ein äußerst umfangreiches Liedschaffen. Unser Studienleiter Gábor Bartinai, der australische Tenor Christopher Diffey und der in England aufgewachsene Bass Dominic Barberi haben ein vielfältiges Programm zusammengestellt, das neben Brittens Liedzyklus »On this Island« und Vaughan Williams’ »Songs of Travel« Lieblingsstücke und Raritäten einer Musiktradition enthält, die durch und durch europäisch und zugleich völlig individuell ist.

Mit: Christopher Diffey (Tenor), Dominic Barberi (Bass) und Gábor Bartinai (Klavier)

Orchester


Mo, 11. und Di, 12.11.2019, 20.00 Uhr, Rosengarten
2. Akademiekonzert
Olivier Messiaen: Turangalîla-Symphonie

Das Sanskrit-Wort Turangalîla bedeutet in etwa »Dynamik« und »Lebenskraft« – Messiaen gab seinem gigantischen Opus diesen Titel und taufte es »Hymne an die Freude«. Für diesen Freudentaumel holt die Musikalische Akademie über hundert Musiker auf die Bühne und stemmt damit ein Monumentalwerk, das aufgrund seiner Komplexität selten auf den Konzertpodien zu erleben ist. Ein Herzensprojekt der Musikalsichen Akademie und des Generalmusikdirektors Alexander Soddy!

Dirigent: Alexander Soddy
Klavier: David Kadouch
Ondes Martenot: Thomas Bloch

Vorschau Dezember

Premiere


Sa, 07.12.2019, 19.00 Uhr-22.00 Uhr, Opernhaus
Carmen
von Georges Bizet
In französischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Musikalische Leitung: Mark Rohde    
Regie: Yona Kim    
Bühne: Herbert Murauer
Kostüme: Falk Bauer    
Licht: Reinhard Traub
Dramaturgie: Albrecht Puhlmann, Cordula Demattio    
Chor: Dani Juris    
Kinderchor: Anke-Christine Kober    

Don José: Irakli Kakhidze    
Escamillo: Evez Abdulla    
Carmen: Jelena Kordić    
Micaëla: Eunju Kwon    
Sprecherin / Lillas Pastia: Lucía Astigarraga
Mit dem Opernchor

Im März 1875 findet an der Pariser Opéra-Comique eine denkwürdige Aufführung statt: die Premiere von Bizets Oper »Carmen«. Zurückhaltend bis ablehnend wird sie aufgenommen, zu radikal bricht sie mit den Seh- und Hörgewohnheiten des Publikums. Wenig später stirbt der Komponist erst 36-jährig. Von dem Welterfolg, zu dem seine »Carmen« wenig später wurde, erlebte er nichts mehr.

Es ist eine Geschichte von unten: Die Zigarettenwerksarbeiterin Carmen bringt den braven Unteroffizier José dazu, seine Braut zu verlassen und zu desertieren, bis sie sich dem Stierkämpfer Escamillo zuwendet. José erträgt diese Demütigung nicht und ersticht seine ehemalige Geliebte.

»Carmen« revolutionierte die Oper und bietet zugleich Anschauungsmaterial für ein Frauenbild, das jenseits des braven Mädchens Micaëla oder des gefährlichen »Monsters« Carmen keine Alternativen kennt. Für Regisseurin Yona Kim, die schon in Schumanns »Genoveva« und Verdis »Ernani« komplexe Frauenfiguren auf die Bühne des NTM gebracht hat, ist Carmen zugleich das Traumbild und Schreckgespenst einer bürgerlichen Welt, die das erotische Selbstbewusstsein der Frau fürchtet und zugleich heimlich ersehnt.