Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim

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Oper - April 2019

Liebe Opernfreundinnen und Opernfreunde,

Im April erwarten uns emotionale Töne des Aufruhrs, der Zerrüttung und des Umbruchs: Die Musiksalon-Inszenierung Verfemt erzählt, angelehnt an das Leben des Mannheimer Komponisten Ernst Toch, vom Schicksal vertriebener Menschen, der Schwierigkeit, alles aufzugeben und der Hoffnung, im Exil neu anzufangen. Daniel Farrimond macht Tochs Kurzoper »Egon und Emilie« zum Ausgangspunkt der beiden inszenierten Liederabende.

In Zeiten des Umbruchs und politischer Missstände entstand Beethovens einzige Oper Fidelio, die beim Festlichen Opernabend von Roberto Saccà und Anja Kampe dargeboten wird. Als Leonore glänzt Anja Kampe schon seit 2014, unter anderem an der Mailänder Scala und in Neapel. Wie sie gehört Roberto Saccà zu den gefragtesten Sängern seines Fachs.
Eine der bedeutendsten Theaterkünstlerinnen Deutschlands inszeniert am Nationaltheater einen besonderen Musiktheaterabend: Anna Viebrock zeigt in House of Usher das Opernfragment »La chute de la maison Usher« von Debussy und entführt uns in das Gehirn des Roderick Usher. Weitere Kompositionen von Debussy komplettieren die Inszenierung, die der symbolistischen Vielschichtigkeit des Werkes treu bleibt.
Zwischen seiner jahrelangen Arbeiten am Usher-Fragment schrieb Debussy an einen Sonatenzyklus, mit dem er eine »musique francaise« finden wollte. Um 1914 fassten viele Komponisten die europäischer Aufgewühltheit, die für sie dauernd präsent war, in Töne. Im Musiksalon Debussy, Janáček, Prokofjew werden diese Ausnahmezustände durch NTM-Korrepetitor Elias Corrinth und Orchester-Geiger Arne Roßbach hörbar.
Zudem steht die oft gespielte Inszenierung von Parsifal nach Hans Schüler auch in dieser Spielzeit wieder auf dem Spielplan. Der Wagner-Spezialist hat das letzte Musikdrama des Komponisten 1957 zum ersten Mal in Mannheim auf die Bühne gebracht.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Premieren


Fr, 12. April 2019 – Opernhaus 19 Uhr
House of Usher
Claude Debussy / Edgar Allan Poe
Musiktheater nach Debussy und E. A. Poe von Anna Viebrock
Rekonstruktion und Orchestration von Robert Orledge
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Der unerwartete Brief eines Kindheitsfreundes. Er bittet um raschen Besuch, seine Nerven sind zerrüttet. Der Weg zum Haus Usher führt durch erschreckend öde Gegenden, doch das ist alles noch harmlos, denn im Hause selbst spielt sich eine finstere Familientragödie ab. Edgar Allan Poes Kurzgeschichte »The Fall of the House of Usher« gehört zu dem Besten, was der geniale Amerikaner je geschrieben hat. Kein Wunder, dass Claude Debussy nach seinem hochpsychologischen »Pelléas« auf die Idee kam, diese Meisternovelle zu vertonen. Von 1908 bis 1917 arbeitete er daran. Doch nach seinem Tod fand man nicht einmal eine halbe Stunde Musik. Die Regisseurin, Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock gehört zu den bedeutendsten Theaterkünstlerinnen Deutschlands. In Mannheim wird sie aus dem von Robert Orledge vervollständigten Opernfragment ein Musiktheaterstück über die unaufhaltsame Metamorphose eines Hauses und seiner Bewohner gestalten, wozu weitere Kompositionen Debussys ergänzt werden. Eine Verwandlung in mehreren Stadien, an deren Ende sich Abgründe auftun; Abgründe, in denen neue, äußerst beunruhigende Zeitrechnungen herrschen.

Musikalische Leitung: Benjamin Reiners
Konzept, Regie & Kostüme: Anna Viebrock
Video: Lisa Böffgen
Licht: Nicole Berry
Dramaturgie: Malte Ubenauf (Gast) / Jan Dvořák
Roderick Usher: KS Thomas Jesatko
Ami: Jorge Lagunes
Doctor: Uwe Eikötter
Lady Madeline: Estelle Kruger
Schauspieler: Graham F. Valentine (Gast)
Bühnen-Pianist: Antonis Anissegos (Gast)

Festlicher Opernabend


So, 07.April 2019 – Opernhaus 19.00 Uhr
Fidelio
Ludwig van Beethoven
Oper in zwei Aufzügen
in deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Beethovens Fidelio entstammt einem blutigen Zeitalter. Eroberungen und Freiheitskämpfe erschütterten Europa. Nach dem Scheitern der Revolution begann ein Zeitalter der Geheimpolizeien und Staatsgefängnisse, von Folter, Verrat und Aufopferung.
Beethoven glühte für die Sache der Aufklärung. Kein Wunder, dass seine einzige Oper Fidelio eine Parabel über den Missbrauch politischer Ideen wurde: Florestan, der grundlos im Gefängnis sitzt, wird vom sadistischen Gouverneur Pizarro dem Hungertod überlassen. Doch seine Frau hat sich als »Fidelio« in den Haushalt eines Gefängniswärters eingeschlichen. Es gelingt ihr, sein Vertrauen zu gewinnen und ins Gefängnis einzudringen, so dass sie schließlich Pizarros mörderische Pläne verhindern kann.
Eine ideale Vorlage für Regisseur Roger Vontobel, dessen Aida in der Spielzeit 2016/17 zum Publikumsrenner in Mannheim wurde. Denn Vontobel ist vom utopischen Potenzial der Oper überzeugt: »Wenn wir zuhören, dann wird es eine andere Welt.« – Beethoven hätte zugestimmt.

Musikalische Leitung: Alexander Soddy
Florestan: Roberto Saccà (Gast)    
Leonore: Anja Kampe (Gast)   

Musiksalon


Sa, 06. & Di, 23. April  2019 – NTM Tanzhaus Käfertal, 20.00 Uhr
MUSIKSALON // SZENE
Verfemt
Szenischer Abend um den Mannheimer Komponisten Ernst Toch

Ernst Toch ist einer der großen jüdischen Komponisten zwischen Neoklassik und Moderne. 1887 in Wien geboren, studierte er bis 1913 in Frankfurt und wurde direkt im Anschluss an die Musikhochschule Mannheim berufen, wo er mit Unterbrechung des Ersten Weltkriegs bis 1928 Klavier und Komposition lehrte. 1933 ging er ins Exil nach Paris und London und schließlich in die USA, wo er sich als Filmmusikkomponist und Dozent durchschlug. Während er in Amerika zu einem spätromantischen Stil zurückkehrte, blieb in Deutschland nur noch seine humorvolle »Fuge aus der Geographie« für Sprechchor bekannt. Toch ist Beispiel für all die Komponisten, deren Laufbahn und Ruhm in Deutschland durch das erzwungene Exil fast vollständig ausgelöscht wurde.
Seine Kurzoper »Egon und Emilie« nach einem Dramolett von Christian Morgenstern ist der Anfang eines hochexpressiven Ehedramas, das an dem beharrlichen Schweigen des Mannes scheitert. Die Uraufführung von »Egon und Emilie« fand am 21. Oktober 1928 am Nationaltheater Mannheim statt und kehrt somit nach 91 Jahren an dieses Theater zurück: Der absurde Einakter wird unter der Regie von Daniel Farrimond zum Ausgangspunkt eines inszenierten Konzertes mit den beliebten Ensemblemitgliedern Nikola Hillebrand und Andreas Hermann und einem Instrumentalensemble unter Leitung von Elias Corrinth. Weitere Werke des Abends sind die Kantate »Vanity of Vanities« sowie Lieder anderer verfemter Komponisten, wie des nahezu vergessenen Felix Wolfes oder Hanns Eislers.

»Verfemt« wird ermöglicht durch die Stiftung Lichterfeld und Petra und Ralph-Robert Lichterfeld.

Musikalische Leitung und Arrangements: Elias Corrinth    
Inszenierung, Bühne & Kostüme: Daniel J. Farrimond
Dramaturgie: Jan Dvořák / Carlotta Riedelsheimer / Sophie Redfern
Licht: Damian Chmielarz    
Mit:
Andreas Hermann    
Nikola Hillebrand    
Raphael Wittmer    

mit Mitgliedern des Nationaltheater-Orchesters


So, 28. April 2019 – Oberes Foyer, 11.00 Uhr
MUSIKSALON // KLASSIK
Debussy, Janáček, Prokofjew
Sonaten in Zeiten des Ausnahmezustandes

Rückblickend scheint es absurd, dass der Erste Weltkrieg mit einer Euphorie begann, die selbst die bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten mitriss. Leoš Janáček war im Jahr 1914 euphorisiert durch den Vormarsch russischer Truppen und drückte sein Hochgefühl in einer von russischer Musik inspirierten Violinsonate aus, die alle Aufgewühltheit der Zeit in Musik bannt. Etwa zeitgleich beginnt in Frankreich Claude Debussy einen Sonatenzyklus auf der Suche nach einer »Musique française«, einer nationalen Identität in der Musik, die sich deutlich von der Kultur der »Austro-Boches« absetzt. Ironischerweise wird seine Sonate in g-Moll aufgrund ihrer Klangqualität gern auch mit den Sonaten von Mozart oder Brahms verglichen. Im Zweiten Weltkrieg war dann die Euphorie der Angst gewichen. In seiner Sonate f-Moll op. 80 aus den Jahren 1938–46 lässt Sergej Prokofjew die bedrohliche Atmosphäre eines von Stalinismus und Nazidikatur geprägten Europas hörbar werden. NTM-Korrepetitor Elias Corrinth und Orchester-Geiger Arne Roßbach malen ein Tableau aus Zeiten des Ausnahmezustands.

MIT: Elias Corrinth (Klavier), Arne Roßbach (Geige)

Vorschau Mai

Premiere


Sa, 25. Mai 2019
Pelléas et Mélisande
Claude Debussy
In französischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Musikalische Leitung: Alexander Soddy    
Regie: Barrie Kosky
Bühne & Licht: Klaus Grünberg
Co-Bühnenbildnerin: Anne Kuhn
Kostüm: Dinah Ehm
Dramaturgie: Johanna Wall / Julia Warnemünde    

Pelléas: Raymond Ayers (Gast)    
Mélisande: Astrid Kessler
Golaud: Joachim Goltz    
Arkel: Patrick Zielke    
Genevieve: Marie-Belle Sandis    
Le medecin: Ilya Lapich    

In einem düsteren Wald trifft Golaud, der Enkel des Königs von Allemonde, auf die mysteriöse Mélisande, nimmt sie mit in seine Heimat und macht sie zu seiner Frau. Doch als sein Bruder Pelléas die geheimnisvolle Schönheit kennenlernt und sich beide ineinander verlieben, nimmt das Schicksal seinen unheilvollen Lauf. Claude Debussys Vertonung des symbolistischen Theatertextes von Maurice Maeterlinck ist seine einzige vollendete Oper. Die von ihm geschaffene Klangwelt steht ganz im Dienst der märchenhaften Ereignisse und der vom Schicksal getriebenen Figuren. Regisseur Barrie Kosky, der Intendant der Komischen Oper Berlin, landete mit seiner Interpretation von Debussys Meisterwerk einen Inszenierungscoup, der nach Aufführungen in Berlin nun am NTM mit Mannheimer Ensemblemitgliedern neu einstudiert wird. Kosky übersetzt die Oper in ein psychologisch tiefenscharfes Kammerstück, das die erschütternde Zeitlosigkeit einer tragischen Beziehungskonstellation offenlegt.

Eine Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin