April 2025 - Raphael Wittmer und Mark Johnston

BEGEGNUNG MIT RAPHAEL WITTMER UND MARK JOHNSTON AM MITTWOCH, 9. APRIL 2025, 20.00 UHR IM UNTEREN FOYER VON OPAL
Petra Eder begrüßte das Publikum, zu dem dieses Mal auch einige Absolventum-Mitglieder gehörten, die vorher durch OPAL geführt worden waren, und übergab dem Moderator Albrecht Puhlmann das Wort, der die Gäste dieser „Begegnung“, den Tenor Raphael Wittmer und Mark Johnston, den neuen Korrepetitor am NTM, vorstellte.
Wittmer ist seit 2014 am Haus. Gebürtig ist er aus Luzern, wo er schon früh Gesangserfahrungen sammelte: Sein Debüt hatte er mit acht Jahren bei den „Sängerknaben“ (heute „Luzerner Kantorei“), mit zehn Jahren sang er den Ersten Knaben in der „Zauberflöte“.
Der aus Ottawa stammende Johnston arbeitet seit 2024 am NTM als Korrepetitor. Er bevorzugte zuerst Musik von hohem Abstraktionsgrad wie etwa die von Bach, dennoch spielte er in Opernproduktionen in Ottawa schon im Orchester. Später studierte er Geige und Komposition in Toronto und vervollständigte seine Ausbildung, auch als Dirigent, in Stuttgart. Der auf seiner Geige, einem Instrument von Luigi Mozzani von ca. 1920, vorgetragene erste Satz aus „Impressions d`enfance“ von George Enescu offenbarte sein überragendes Können. Die naheliegende Frage nach einer möglichen Solokarriere als Violinist beantwortete er mit dem Hinweis auf die limitierten Optionen von Solisten im Musikgeschäft. Als Dirigent lernte er die Oper kennen und entschied sich für die Tätigkeit des Repetitors als Beruf, was ihn jedoch nicht hindert, immer einmal wieder in Konzerten aufzutreten.
Raphael Wittmer entdeckte nach der Mitwirkung bei einem Ensemble mit einem Comedian-Harmonists-Programm Neigung und Fähigkeit zu einer Solisten-Laufbahn und nahm an der Kölner Musikhochschule das Gesangsstudium auf. Eher zufällig geriet er in das Vorsingen für das dortige Opernstudio – und wurde angenommen. Eine seiner Rollen bei den Opernproduktionen der Hochschule war „Albert Herring“ von Benjamin Britten. Er blieb dort drei Jahre, das erste war dem Studium, das zweite Studium und Oper und das dritte nur der Oper gewidmet.
Seine erste Liebe galt allerdings dem deutschsprachigen Lied, wie er es auf Schallplatten im Elternhaus kennen lernte. Dies stellte er gleich unter Beweis: Begleitet von Alyana Pirola am Flügel trug er Schumanns „Dichterliebe“ einfühlsam und anrührend vor.
Trotz einer Vorliebe für historische Aufnahmen hat Mark Johnston eher ein gebrochenes Verhältnis zur „Konserve“. Er lerne lieber selbst und gehe in Konzerte, da Kunst sich erst beim – öffentlichen – Vortrag ereignet. Das dabei eingegangene Risiko sieht er als wesentlichen Teil künstlerischer Arbeit. Im Lernzimmer für die Oper selbst entsteht noch keine Kunst, dort wird das Material für die Bühne erst erarbeitet. Nur wenn entsprechend gelernt wird, entwickelt sich Kunst.
Raphael Wittmer bekannte sich zum Amüsement des Publikums zwar dazu, als Schweizer Risiken eher zu meiden, dennoch weiß er, dass jeder Auftritt auch eine Interpretation und damit riskant ist. Technische Sicherheit muss vorhanden sein, damit die Arbeit im großen Getriebe einer Opernaufführung gelingt und die „richtigen Augenblicke“ (so Puhlmann) in der Kommunikation mit dem Publikum entstehen. Deshalb ist es wichtig, sich in fremdsprachige Texte genau einzuarbeiten oder sein Repertoire zu erweitern, wie etwa durch „Jakob Lenz“ von Wolfgang Rihm, in dem Wittmer hier am NTM mitwirkte.
Die kleine kunstphilosophische Diskussion mündete in den nächsten musikalischen Vortrag am Flügel, Mark Johnston spielte die Ouvertüre zu „Le Tombeau de Couperin“ von Maurice Ravel.
Beide Gäste des Abends machten Station in Plauen-Zwickau, wenn auch nicht gleichzeitig. Wittmer war dort zweieinhalb Jahre engagiert. Dann kam er ans NTM und hat seither sein Rollenrepertoire vom Spieltenor bis zum leichten Heldenfach erweitert.
Daneben hat Wittmer die schon in Zwickau begonnene Gewerkschaftsarbeit hier in Mannheim verstärkt und engagiert sich in der GDBA (Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger). Dies ist ihm „eine sinnvolle Gestaltung des Lebensalltags“ als Kontrast zur „künstlichen Theaterwelt“. Sein nächster musikalischer Vortrag benannte nun gleich zwei Künste, die bildende und die der Oper: Begleitet von Mark Johnston sang er „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der „Zauberflöte“.
Mark Johnston war zwei Jahre in Plauen-Zwickau und kam dann über Hildesheim, Braunschweig und Meiningen nach Mannheim. Die Opernhäuser dort waren eher kleinere Betriebe, was heißt, dass man alles spielen musste. So schätzte Johnston an diesen Stationen vor allem die enorme Erweiterung seiner Fähigkeiten und seines Repertoires, zu dem nun ca. 60 Opern gehören.
Gelegenheit zum Lernen bieten auch „Begegnungen“ wie heute, denn Raphael Wittmer hat das Lied „Morgen“ von Richard Strauss für heute neu erarbeitet. Zusammen mit Alyana Pirola am Flügel und Mark Johnston an der Geige trug er es zum Abschluss des Abends vor.
Text: Luisa Reiblich
Bilder: Petra Eder